Astrofotos werden nur noch selten in schwarz-weiß gezeigt. Oft sieht man mehr oder weniger bunte Bilder, mit teils beeindruckenden Farben. Aber was hat das mit der Realität zu tun? Grundsätzlich eine ganze Menge, manchmal aber auch gar nichts. Ich versuche, das hier näher zu erläutern.
Wenn wir in den Sternenhimmel schauen, dann ist er nicht bunt. Auch der Anblick der Deep-Sky-Objekte und nicht zu heller Sterne im Teleskop ist meist ein schwarz-weißer. Das liegt einfach daran, dass unsere Augen bei wenig Licht nur Grautöne wahrnehmen und erst ab einer gewissen Schwelle Farben erkannt werden können (Zäpfchen- und Stäbchensehen als Schlagworte). Manchmal geht es aber doch: der Mars ist eindeutig rötlich, wenn er am Nachthimmel strahlt. Auch hellere Sterne zeigen Farben, insbesondere im Teleskop. Ein schönes Beispiel ist der Doppelstern Albireo im Schwan, dessen Komponenten blau und gelb sind.
Die Farben sind also da. Und indem wir Farbfilter benutzen (oder Farbkameras), können wir technisch diese Farben ermitteln und darstellen, wie unser Auge sie sehen würde, wenn es denn empfindlich genug dafür wäre – im groben. Schaut man etwas genauer hin, dann gibt es schon Einschränkungen. Und manchmal ist die Darstellung „echter“ Farben auch gar nicht gewollt. Auch dazu gleich mehr.
Was wir hier schon besprechen können ist die Frage nach der Farbsättigung. Astrofotos werden teilweise in eher blassen Farben präsentiert, manchmal aber auch ziemlich knallig bunt. Da wir hier etwas nicht Sichtbares in den sichtbaren Bereich transferieren, hat der Bildautor bezüglich der Sättigung tatsächlich die Wahl. Es geht nur um den persönlichen Geschmack bei der Sättigung, so mögen es die Amerikaner eher bunt, in Deutschland wird die Sättigung von vielen Astrofotografen dagegen eher moderat gehalten.
Möchte man dagegen dem Anspruch genügen, die eigentlichen Farben so zu präsentieren, wie sie ein Betrachter bei erhöhter Helligkeit der Objekte wahrnehmen würde, dann muss man schon sorgfältig vorgehen und eine Farbkalibrierung durchführen. Das funktioniert sehr gut für Sternfarben, aber, wie wir später sehen werden, leider nicht wirklich gut für Gasnebel.
Beginnen wir aber mit etwas Grundlegendem, dem Bezug zwischen physiologischem und RGB-Farbraum.
In obiger Grafik deckt der gesamte farbige Bereich die Fläche ab, innerhalb derer unsere Augen (und das Gehirn) Farben unterscheiden können, also Farbdifferenzen erkannt werden können. Das Dreieck innerhalb dagegen ist der Bereich, der durch Kombination der Grundfarben rot, grün und blau gemischt und damit auf einem Monitor oder einem gedruckten Foto dargestellt werden kann. Die farbliche Hinterlegung hier soll nur einen Eindruck vermitteln, aus dem eben genannten Grund müsste die farbliche Darstellung eigentlich auf das Dreieck beschränkt sein, hier ist es aber auf den gesamten Farbraum skaliert. Die äußere Umrandung sind die Spektralfarben, und daher lässt sich auch verstehen, warum nicht der gesamte Farbraum von RGB abgedeckt werden kann. Spektralfarben sind eine konkrete Wellenlänge, also eine „reine“ Farbe. Mittels RGB kann ich aber keine Spektrallinien, sondern nur breite Spektren erzeugen. Innerhalb des Dreieckes gelingt es dabei, den physiologischen Farbeindruck exakt durch RGB zu reproduzieren, auch wenn die Spektren nicht übereinstimmen. Speziell im Bereich um
510 nm, also irgendwie grün-blau, gibt es dabei eine große Lücke. Um eine solche Spektrallinie in RGB richtig darzustellen, müsste man einen „negativen Rotanteil“ zur Verfügung haben – das ist offensichtlich nicht möglich.
Sterne sind in guter Näherung „schwarze Strahler“, d.h. ihr Spektrum entspricht mit nur wenigen Abweichungen einem Objekt, das eine bestimmte Temperatur besitzt und entsprechend elektromagnetische Strahlung emittiert. Die Farbkurve solcher Objekte ist in obigem Diagramm als „Black-Body-Kurve“ eingezeichnet. Außer bei sehr niedrigen Temperaturen, also tief im roten, läuft diese Kurve gut durch das RGB-Dreieck. Sternfarben lassen sich daher sehr gut astrofotografisch wiedergeben. Voraussetzung für „richtige“ Sternfarben ist allerdings eine Kalibrierung. Die Temperaturen bzw. die Farbindizes von vielen Sternen sind gemessen und in Datenbanken hinterlegt. Nimmt man jetzt Aufnahmen, die durch einen Rot-, einen Grün- und einen Blaufilter gemacht wurden und setzt diese zusammen, so kann man die Gewichtung der einzelnen Farbkanäle so wählen, dass die Farben der Referenzsterne zu deren bekannten Werten passen. Es gibt Programme, die das in dieser oder ähnlicher Weise mehr oder weniger elegant und genau machen. Das ist die Farbkalibrierung, und wenn sie durchgeführt wird, dann kann man aus gutem Grund sagen, die Sternfarben auf dem Astrofoto entsprechen den „echten“ Farben.
Wie schon erwähnt funktioniert das nicht so bei vielen Gasnebeln. Bei Gasnebeln sind oftmals wenige einzelne Spektrallinien ausgeprägt. Lediglich Reflexionsnebel, die Sternenlicht reflektieren, verändern zwar aufgrund der wellenlängenabhängigen Lichtstreuung das Sternenspektrum in Richtung blau, weisen aber noch ein breites Spektrum auf und werden daher farblich gut abgebildet, wenn die Sternfarben kalibriert wurden. Emissionsnebel dagegen haben insbesondere [OIII]-Linien (496 und 501 nm, zweifach ionisierter Sauerstoff), die Hα-Linie (656 nm, tiefrot), und eine Linie des einfach ionisierten Schwefels, [SII] bei 672 nm. In der Astrofotografie werden gerne die entsprechenden Schmalbandfilter eingesetzt, die nur diese Linien passieren lassen. Dadurch erhöht man das Signal-zu-Rausch-Verhältnis deutlich, denn alles andere Störlicht wird dadurch unterdrückt.
Alle diese Linien bzw. Farben sind in RGB nicht so darstellbar, wie das Auge sie empfinden würde. Lediglich eine Annäherung von [OIII] als blaugrün und [SII] und Hα als rot sind möglich. Tatsache ist aber: wäre unser Auge empfindlich genug, um die Farben von Gasnebeln erkennen zu können, dann wäre der Farbeindruck ein etwas anderer als der, der in Astrofotos wiedergebbar ist. Eine möglichst gute Annäherung an die Wirklichkeit wäre, mit dem Auge bei genügend Licht (Tag) durch Hα-, [SII]- und [OIII]-Filter zu schauen und zu versuchen, diesen Farbeindruck durch entsprechende RGB-Tripel möglichst gut wiederzugeben (exakt geht das wie gesagt nicht), dann die Kanäle dieser Schmalbandaufnahmen mit diesen Farben einzufärben und zu den Sternaufnahmen hinzuzufügen. Das funktioniert, da in den Sternaufnahmen mit RGB-Filtern die Sterne sehr hell sind, die Nebel aber fast nicht sichtbar, und in den Schmalbandaufnahmen die Nebel dominieren und die Sterne unterdrückt werden. In der Gesamtheit erhält man ein Bild, das die Sternfarben sehr gut und die Nebelfarben in bestmöglicher Annäherung wiedergibt (Abb. 2, Abb. 3 ohne RGB-Anteile). In der Folge zeige ich verschiedene Varianten des Zauberernebels (NGC 7380), in denen RGB- sowie Hα-, [OIII]- und [SII]-Aufnahmen verwendet wurden, den Kanälen aber unterschiedliche Farben zugewiesen werden.
Unschön an dieser Darstellung ist jedoch, dass die [SII]- und die Hα-Linien beide tiefrot sind, also kein nennenswerter Kontrast zwischen den unterschiedlichen Atomen entsteht. Das Bild ist zwar nahezu farbecht, aber die Information über die Verteilung der verschiedenen Atome im Nebel geht verloren. Verzichtet man auf Farbtreue, dann kann man diese Kontraste sehr gut herausarbeiten. Man kommt dann zu Falschfarbenbildern, wobei man den unterschiedlichen Kanälen beliebig Farben zuordnet. Durch die Bilder des Hubble-Teleskops ist insbesondere die sogenannte Hubble-Palette bekannt geworden, die Hα dem Grünkanal, [OIII] dem Blaukanal und [SII] dem Rotkanal zuordnet. Im Ergebnis ergeben sich sehr kontrastreiche, teilweise fast dreidimensional wirkende Bilder, die die die die lokale Verteilung und die dynamischen Phänomene der Gase anschaulich zeigen, jedoch farblich sehr gewöhnungsbedürftig sind. Sofern man die Sterne nicht gesondert mit RGB aufnimmt und in das Bild einfügt, werden die Sternfarben unnatürlich. Es ergeben sich insgesamt sehr weiße Sterne, allerdings oftmals mit farbigen Höfen.
Bei der Verwendung der Hubble-Palette ist es meist notwendig, den Hα -Kanal, der üblicherweise sehr dominant ist, zu reduzieren bzw. Sättigung und Farbton des Grüns anzupassen. Ansonsten werden die Bilder sehr grün. Da es nicht um die Darstellung „richtiger“ Farben geht, sondern um bestmögliche Kontraste und eine augenschonende Darstellung, ist das unproblematisch und jedem selbst überlassen (siehe Abb. 4 und 5). Abb. 4 enthält noch die RGB-Kanäle, Abb. 5 ist die reine Schmalbanddarstellung. Letztere zeigt aufgrund des geringen Durchlasses der Schmalbandfilter deutlich weniger Sterne.
Einen Mittelweg kann man beschreiten, wenn man die Farbenzuordnung für Hα und [OIII] in bestmöglicher Annäherung an die tatsächlichen Farben vornimmt, dem [SII]-Signal jedoch die in Kontrast stehende Farbe gelb zuweist. Im Ergebnis ergibt sich ein „gewohnter“ Farbeindruck zusammen mit der Erhaltung einer kontrastreichen Darstellung. Die S[II]-Signale sind in aller Regel nicht sehr dominant, so dass diese eingefügte Falschfarbe das Auge nicht völlig irritiert. Man darf allerdings nicht vergessen, dass dieser Eindruck nichts daran ändert, dass es sich um eine Falschfarbendarstellung handelt. Hier die Variante mit RGB (Abb. 6). Die orangen und bis zu gelblichen Zonen enthalten [SII]-Strahler.
Zum Abschluss noch einmal ein close-up eines zentralen Teils im Vergleich der unterschiedlichen Bearbeitungen.
Die Falschfarben der Hubble-Palette sind nicht so jedermanns Sache, auch wenn die Kontraste hier kräftig ausfallen und die Nebelfronten sehr dynamisch wirken. Ich finde, die Variante mit den natürlichen Farben und [SII] in gelb ist ein guter Kompromiss zwischen Farbtreue und kompletter Darstellung der Bildinformation.